Shackleton

Die “Imperial Trans-Antarctic Expedition” (1914-1917)

Sir Ernest Shackleton annoncierte 1913 auf der Suche nach geeigneten Männern für die Mannschaft seiner Expedition zur Durchquerung der Antarktis in der Londoner „Times“:

„Männer gesucht für gefährliche Reise. Niedriger Lohn, bittere Kälte, lange Monate in völliger Finsternis, ständige Gefahr, Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall.“

Trotz dieser ehrlichen und ungeschönten Perspektive überstieg die Zahl der Bewerber (5.000) die der benötigten Mannschaft (56 auf zwei Schiffen) um ein Vielfaches.

Die Expedition jedoch scheiterte, noch bevor sie richtig begann: Shackletons Schiff, die Endurance, wurde im Eis eingeschlossen und sank, der „Boss“, wie ihn seine Männer respektvoll nannten, aber sorgte mit einer der unglaublichsten Rettungsaktionen der Polargeschichte dafür, dass alle von ihnen lebend zurückkehrten.


Die „Imperial Trans-Antarctic Expedition“, die nichts Geringeres als die Durchquerung des antarktischen Kontinents zum Ziel hatte, war bereits kurz nach ihrem Start in Südgeorgien im Dezember 1914 zum Scheitern verurteilt. Früh behinderte Treibeis in der Weddell Sea die Weiterfahrt Richtung Süden. Bereits im Januar 1915 wurde das Schiff, die Endurance, komplett vom Eis eingeschlossen. Sie driftete mehrere Monate gefangen im Eis durch den Polarwinter, konnte jedoch dem Druck der im Frühling aufbrechenden und driftenden Eismassen nicht standhalten. Die Endurance wurde im Oktober 1915 aufgegeben und versank, vom Eis zerdrückt, am 21. November 1915 vor den Augen Shackletons und seiner Männer endgültig in der Tiefe.

Nach Monaten in einem Camp auf dem aufgebrochenen, driftenden und schmelzenden Eis brach dieses am Ende des Sommers im April 1916 gänzlich unter ihren Füßen. Shackleton entschied, mit den drei bis dahin mitgeführten Rettungsbooten das nächstgelegene Land über freies Wasser anzusteuern.

Nach fünf Tagen rudern durch die eisige und stürmische Weddell Sea erreichten die 28 Männer erschöpft Elephant Island und hatten nach 497 Tagen auf See und Meereis erstmals wieder festen Boden unter ihren Füßen.

Elephant Island, jene winzige Insel – heute wie damals abseits jeglicher bekannter Schiffsrouten im Südpolarmeer liegend – karg, rau, bis auf einen schmalen Felsstreifen am Strand nahezu vollständig vergletschert und unbarmherzig Wind und Wetter ausgeliefert, bot der Mannschaft der Endurance keinerlei Schutz und Aussicht auf Rettung von außen.

Und so beschloss Shackleton erneut aufzubrechen, um Hilfe zu holen. Mit fünf weiteren Männern, darunter Frank Worsley als Navigator, wollte er versuchen, mit einem der offenen Rettungsboote die über 800 Seemeilen entfernten besetzten Walfangstationen auf Südgeorgien zu erreichen.

Ende April 1916 stachen sie mit der vom Schiffszimmermann für diese waghalsige Überfahrt verstärkten und umgebauten James Caird zu sechst in See, die übrigen 22 Männer blieben unter der Obhut von Frank Wild auf Elephant Island zurück und sollten dort noch weitere harte vier Monate bis zu ihrer Rettung, auf die sie damals kaum hoffen durften, ausharren müssen.

Shackleton und seine Crew brauchten 15 Tage für die gefährliche und raue Passage durch den sturmgepeitschten Südatlantik, bevor sie dank der Navigationskünste von Frank Worsley tatsächlich die Küste Südgeorgiens erreichten, wenn auch auf der „falschen“, der menschenleeren Südseite der Insel und mit nicht mehr seetauglichem Boot. In der King Haakon Bay gingen die erschöpften Männer an Land.

Nach wenigen Tagen der Erholung blieb ihnen – wollten sie die eigene und die Rettung ihrer Kameraden nicht aufgeben – nichts anderes übrig, als den Versuch zu wagen, die Insel, größtenteils bestehend aus bis zu 3.000 m hohem vergletschertem Gebirge, in gänzlich unkartiertem Gelände auf einer nie zuvor begangenen Route und ohne jegliche adäquate Ausrüstung zu überqueren. Das riskante und waghalsige Unterfangen gelang, und wie durch ein Wunder erreichten sie nach 36 Stunden ununterbrochenem Marsch mit letzter Kraft am 20. Mai 1916 die Walfangstation in Stromness.

Von dort aus gelang es Shackleton schlussendlich – nach drei vergeblichen Anläufen – Ende August 1916 alle verbliebenen Expeditionsteilnehmer von Elephant Island zu retten und wohlbehalten an Bord der Yelcho, einem Wachboot der chilenischen Marine aufzunehmen.


“South” ist der Titel des Buches, welches Shackleton über die Imperial Trans-Antarctic Expedition verfasste.
Dieser findet sich auch im Namen unserer ersten Expedition “Sailing SOUTH 2024” wieder. 110 Jahre nach der Endurance, zum 150. Geburtstag vom “Boss” machten wir uns im Februar 2024 auf den Weg und folgten einem Teil seiner Spuren im Südpolarmeer bis nach Elephant Island.

Mit “Sailing SOUTH 2026” wollen wir erneut die Segel setzen, die Reise fortsetzen und Kurs auf Südgeorgien nehmen, um auf den Spuren Shackletons mit Ski und Schlitten die Insel zu überqueren und diese sturmumtoste antarktische Oase zu entdecken, 110 Jahre nach dem “Boss” und seinen Männern.